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Hersteller haftet bei mangelhafter mobiler Pferdebox

Hersteller von mobilen Pferdeboxen, wie sie regelmäßig auf Turnieren und Messen zum Einsatz kommen, müssen im Rahmen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür Sorge tragen, dass die Boxenbewohner bei ihrem typischen tierischen Verhalten keine Verletzungen erleiden. Vorschriften für mobile Boxen existieren zwar nicht, aber jedenfalls müssen diese so gestaltet sein, dass die Wände auch die Last eines steigenden Pferdes tragen können. Bei Rahmenbauweise mit Vierkantrohren erfordert dies eine Materialstärke von mindestens 60x60x4mm, besser 80x80x4mm.

In dem der Entscheidung des OLG Celle vom 13.08.2018, Az. 20 U 7/18, zugrundeliegenden Fall verletzte sich der Hengst des Klägers „Quality“, als eines Nachts ungeplanterweise der Wallach „Fürst Fantasy“ durch die Stallgassen spazierte. Fürst Fantasy hatte sich selbst befreit und Quality wurde durch das Getrappel so nervös, dass er stieg. Die Seitenwand der Box, die der Halter von Quality sogar vorsorglich noch mit Stromlitzen gesichert hatte, brach ein und Quality verletzte sich. Was genau sich zugetragen hatte, blieb allerdings unklar.

Der Halter des ausgebrochenen Fürst Fantasy wurde in erster Instanz vom Landgericht Verden zur Zahlung der hälftigen Tierarztkosten für Quality verpflichtet. Die zweite Hälfte ging zunächst zu Lasten des Klägers selbst, dem im Rahmen des Mitverschuldens die typische Tiergefahr für das naturgemäß unberechenbare und selbstständige Verhalten seines Hengstes angerechnet wurde.

Das Oberlandesgericht Celle jedoch änderte das Urteil dahingehend ab, dass der Halter von Quality auch gegenüber dem Boxenhersteller einen Schadensersatzanspruch durchsetzen konnte und zwar zu 100%. Denn nach Angaben des hinzugezogenen Sachverständigen wies die Boxenkonstruktion mit Vierkantrohren der Profilmaße 25x25x 2-3mm keine genügende Tragkraft auf. Aufgrund der viel zu dünnen Profile, welche nur ca. 100 kg hätte aufhalten können, ging das Gericht von einer Verkehrssicherungspflichtverletzung aus. Eine schadensmindernde Anrechnung aufgrund des hengstigen Verhaltens nahm das Oberlandesgericht dabei nicht vor.

Der Kläger konnte damit im Ergebnis seinen gesamten Schaden beim Boxenhersteller durchsetzen und hatte hinsichtlich der Hälfte seines Schadens sogar noch einen zweiten  Schuldner zur Verfügung – den Halter des ausgebrochenen Fürst Fantasy. Beide Schuldner sind dann einander im Innenverhältnis anteilig zur Erstattung verpflichtet.

Genau aus diesem Grunde kam es in der Folge dann auch zwischen der Tierhalterhaftpflichtversicherung von Fürst Fantasy und der Haftpflichtversicherung der Boxenlieferantin zum Streit. Denn zwischenzeitlich hatte sich der Schaden wegen weiterer notwendiger Behandlungen deutlich erhöht. Das in diesem Rechtstreit zuständige Oberlandesgericht Koblenz wies mit Beschluss vom 27.11.2019, Az. 8 U 1800/19, dann ausdrücklich darauf hin, dass nach dem Willen des Gesetzgebers derjenige, der wegen erwiesenen Verschuldens haftet, gegenüber demjenigen, der „nur“ als Tierhalter aus Gefährdung haftet, den ganzen Schaden allein tragen muss.

Im Ergebnis zahlte also der Boxenhersteller den entstandenen Schaden vollumfänglich und weder der Halter des ausgebrochenen Pferdes noch der geschädigte Tierhalter mussten sich daran beteiligen.

Tipp:  Der Fall zeigt, dass die Haftung rund ums Pferd recht kompliziert ist und oftmals gerade nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint.

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