Eltern muss im Beisein von Pferden bewusst sein, dass dies gefährlich werden kann. Lassen sie die notwendige Sorgfalt bei der Beaufsichtigung ihres Kindes außer Acht und dem Kind passiert etwas, haftet der Tierhalter nicht.
Im konkreten Fall ließen Eltern ihren knapp 3jährigen Sohn bei einem Turnier mit einem anderen Kind unbeaufsichtigt spielen. Während sie sich angeregt unterhielten, kletterten die Kinder in einen Pferdetransporter. Dieser stand wegen der Hitze offen und in ihm befand sich ein Pferd. Es kam, der Leser ahnt es bereits, wie es kommen musste und das kleinere Kind wurde durch das Tier am Kopf getreten. Vom Tierhalter bzw. dessen Haftpflichtversicherung verlangten die Eltern hiernach Schadensersatz. Da auch der Turnierveranstalter und Grundstückseigentümer Haftungsansprüche befürchtete, unterstützte dieser den Tierhalter im Rechtsstreit.
Die erste Instanz befand die Eltern einer Aufsichtspflichtverletzung für schuldig, erkannte aber gleichwohl noch auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1/3 der ursprünglich geltend gemachten Forderung. Nach eingelegter Berufung gewannen die Eltern dann in Höhe von 2/3. Nachdem aber alle Beteiligten gegen dieses zweitinstanzliche Urteil Revision eingelegt hatten, verloren die Eltern schließlich vollständig vor dem Bundesgerichtshof. Dieser befand, dass Pferdehalter nicht damit rechnen müssen, dass ein unbeaufsichtigtes Kleinkind in einen fremden Pferdetransporter eindringt. Denn Kleinkinder sind auf größeren Veranstaltungen generell eng bei den Eltern zu behalten. Erfolgt dies nicht, so tritt die Verkehrssicherungspflicht des Tierhalters vollständig hinter dieser Pflichtverletzung der Eltern zurück, so dass jegliche Ansprüche ausgeschlossen sind. Angesichts der Gefährlichkeit der Turnierumgebung für ein dreijähriges Kind hätten die Eltern die Betreuung engmaschig gestalten müssen und bei ihrem pflichtgemäßen Verhalten wäre der Unfall ohne Weiteres vermeidbar gewesen.
Vorkehrungen, die verhindern, dass Kinder in den Pferdeanhänger klettern, sind deshalb nicht notwendig, denn weder Turnierteilnehmer noch Veranstalter müssen damit rechnen, dass ein Kind in fremde Hänger einsteigt. Sie dürfen vielmehr darauf vertrauen, dass die Beaufsichtigung von Kleinkindern durch deren Sorgeberechtigte wahrgenommen wird. Die notwendige Beaufsichtigung durch die Eltern reduziert insoweit die Verkehrssicherungspflichten entsprechend.
Tipp:
„Eltern haften für ihre Kinder“. Das gilt zumindest dann, wenn Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Wie weit diese geht, hängt vom Alter des Kindes und der konkreten Einzelfallsituation ab. Das Urteil ist deshalb eine Entscheidung, die nicht ohne Weiteres auf andere Konstellationen übertragen werden kann! Generell sind Tierhalter gut beraten, wenn sie auch den Unsinn anderer mit einkalkulieren.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.01.2021, Az. VI ZR 210/18