Tierhalterhaftung greift auch gegenüber Hufschmieden – oder: Nähern Sie sich nie einem Pferd von hinten! –

In dem Fall, mit welchem sich das OLG Hamm (Beschluss vom 04.01.2021, Az. 7 U 9/20) in 2. Instanz zu beschäftigen hatte, war das Pferd an einer Seite in der über 3m breiten Stallgasse angebunden. Es klagte ein Schmied. Diesem hatte das Pferd ins Knie getreten und das Landgericht hatte ihm lediglich die Hälfte seiner Forderungen zugesprochen.

Huftechnisch war das Pferd in katastrophalem Zustand und sehr angespannt. Die Beteiligten rechneten deshalb mit entsprechenden Reaktionen, möglicherweise sogar Schmerzen, wollten es aber trotzdem zunächst ohne Sedativum versuchen. Beim ersten Vorderhuf ging das Ausschneiden auch noch recht gut vonstatten.

Als danach allerdings eine Standkorrektur vorgenommen werden sollte, pfefferte das Pferd unvermittelt zweimal nach hinten aus und traf den Mitarbeiter des Schmiedes an Hüfte und Arm. Dieser ging zu Boden, richtete sich aber dann wieder auf und verließ den Stall. Der Schmied rief die Rettung und verließ den Stall ebenfalls, um die vollständige Hausnummer in Erfahrung zu bringen. Dann kam er zurück, um seinem Mitarbeiter Hilfe zu leisten. Dazu musste er an dem Pferd, das sich in der Zwischenzeit umgedreht hatte, allerdings von hinten vorbei und prompt trat es auch noch den Schmied.

Das Gericht betonte, dass Hufschmiede nicht automatisch von Berufs wegen auf eigene Gefahr handeln, denn ein solcher Haftungsausschluss bildet eine absolute Ausnahme. Die Tierhalterhaftung besteht deshalb auch gegenüber Dienstleistern am Pferd.  

Allerdings sollten diese stets die im Verkehr erforderlich Sorgfalt wahren. Der hier getroffene Schmied hatte sich dem Pferd von hinten angenähert und in dessen Schlagdistanz begeben, obwohl das gar nicht unbedingt notwendig war. Er hätte in dieser Situation mit einem weiteren Tritt rechnen müssen. Denn das Pferd hatte sich noch nicht wieder beruhigt. Es tänzelte und der Schmied nahm zwischenzeitlich auch noch einen Rückruf der Notrufzentrale an. Ihm hätte damit klar sein müssen, dass das Pferd immer noch aufgeregt und möglicherweise durch das Telefonklingeln und die Unterhaltung im Vorbeigehen zusätzlich verunsichert ist.

Auch eine dringende Hilfsbedürftigkeit des Mitarbeiters bestand nicht. Der Schmied war deshalb nicht auf den kürzesten Weg zum Mitarbeiter angewiesen, sondern hätte den Stall gefahrlos am anderen Ende und außen herum verlassen müssen. Währenddessen  hätte er sich mit seinem Mitarbeiter rufend verständigen sollen, denn er hatte ihn gut im Blick und konnte ihn bereits wieder laufen sehen. Alternativ hätte er das Pferd umdrehen oder wegführen, jedenfalls aber nicht von hinten vorbeilaufen sollen.

Das Oberlandesgericht bestätigte im Ergebnis die Auffassung, dass der Schmied fahrlässig handelte und seinen Schaden wegen eigenen Mitverschuldens zur Hälfte selbst tragen muss.

Tipp:  

Für die Gepflogenheiten unter Pferdeleuten gelten manchmal andere Maßstäbe, als diejenigen, mit denen das Gericht das Vorliegen eines Mitverschuldens prüft. Pferdehalter sollten stets eine angemessene Tierhalterhaftpflichtversicherung unterhalten und auch die Dienstleister sind gut beraten, wenn sie für ihre eigene Absicherung Vorsorge treffen.

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