Keine Sippenhaftung bei Koppelunfall

Der finanzielle und zeitliche Aufwand ist enorm, sobald Pferde durch Weidekumpel verletzt werden. Rangkämpfe und Auseinandersetzungen im Gruppenauslauf sind gerade Ausdruck und zugleich Risiko der artgerechten Haltung. Kommt ein Tier anlässlich eines Koppelunfalles gar zu Tode, ist allerdings auch schnell das zwischenmenschliche Stallklima dahin und oft versuchen Pferdebesitzer in diesen Fällen, den Unfallverursacher an ihren Kosten zu beteiligen.

Wird durch ein Tier eine Sache beschädigt, so ist derjenige, der das Tier hält, grundsätzlich verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Waren die Pferde gemeinsam auf der Koppel, bestehen also Ersatzansprüche gegen den Halter desjenigen Tieres, welches das andere Pferd verletzt hat, wenn sich dabei eine spezifische Tiergefahr verwirklicht hat. Dies ist dann der Fall, wenn ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten des Tieres für die Entstehung des Schadens ursächlich geworden ist. Die Geltendmachung dieser Haftungsansprüche setzt allerdings voraus, dass der Hergang des Unfalls bekannt ist.

Gerade in der Offenstall- und Koppelhaltung ist eine lückenlose Überwachung jedoch weder üblich noch möglich, so dass die Eigentümer ihr Tier eines Tages ganz plötzlich verletzt vorfinden, ohne dass irgendjemand den Hergang der Verletzung wahrgenommen hat und demzufolge ein Schädiger nicht ausfindig gemacht werden kann.

In diesen Fällen des Weideunfalls unklaren Hergangs ist über eine Haftung der anderen Tierhalter, die ihre Tiere auf der Koppel hatten, nachzudenken. Denn wenn durch die Auskunft des Tierarztes zumindest gesichert war, dass die Verletzung von einem anderen Pferd herrühren musste, kamen in der Vergangenheit einige Gerichte zu dem Ergebnis, dass die Halter der übrigen Pferde alle gemeinsam für den Schaden eintreten sollten. Denn man hielt es für gerechter, alle haften zu lassen, als den Geschädigten leer ausgehen zu lassen.

Dieser Möglichkeit hat der Bundesgerichtshof nun aber einen deutlichen Riegel vorgeschoben. Der Tierhalter muss nur dann für einen Schaden einstehen, wenn feststeht, dass gerade sein Tier ursächlich an dessen Entstehung mitgewirkt, also beispielsweise selbst getreten hat. Auch dann, wenn das eigene Pferd anderweitig an der Entstehung des Schadens konkret beteiligt war -weil es z.B. mit der Herde ausgebrochen ist und gemeinsam mit anderen Pferden die Straße blockiert hat, aber im Gegensatz zu den anderen selbst nicht mit einem Fahrzeug kollidiert ist-, haftet der Eigentümer für den Unfall mit. Dies deshalb, weil sein Pferd durch den gruppendynamischen Ausbruch und den Aufenthalt auf der Straße einen eigenen Beitrag zum Unfall geleistet hat.

Die reine Anwesenheit des eigenen Pferdes in einer Gruppe bei unklarem Unfallhergang genügt für eine Haftung also nicht, vielmehr muss es in irgendeiner Weise selbst an der Entstehung des konkreten Schadens ursächlich mitgewirkt haben.

Regelmäßig bleibt der Eigentümer des verletzten Tieres deshalb auf seinen Kosten sitzen, wenn sich nicht feststellen lässt, wessen Pferd den Schaden verursacht hat.

BGH, Urteil vom 24.04.2018, Az. VI ZR 25/17

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